Finanzamt will Gerichtsentscheidung verhindern

Rechenfehler von Erfurt: Klage vor dem Thüringer Finanzgericht

01.08.14 –

Die Netzmacher haben im Mai dieses Jahres vor dem Thüringer Finanzgericht Klage gegen den Rechenfehler von Erfurt erhoben. Mit dem fehlerhaften Rechenverfahren hatte das Finanzamt Erfurt den Gewinn der Netzmacher GbR für das Jahr 2010 fälschlicherweise in erheblichem Umfang erhöht. Mit der Klage wollen die Netzmacher erreichen, dass das Finanzamt seinen damaligen Fehler korrigiert und die zu unrecht kassierten Steuern zurückbezahlt.

Finanzamt: "Klägerin existiert nicht"

Nun will das Finanzamt Erfurt durchsetzen, dass das Thüringer Finanzgericht sich nicht mit der Klage des Internetdienstleisters beschäftigt. Das Finanzamt behauptet gegenüber dem Gericht, "die Klägerin existiert nicht", und hat beantragt, die Klage abzuweisen. Hintergrund: Die GbR hat zu Ende 2012 ihren Betrieb beendet. Klage gegen das Finanzamt hat ein Gesellschafter im Namen der GbR – für alle zwei Gesellschafter – eingereicht.

Rechtsanwalt: "Finanzamt verschweigt Fehler"

Die Begründung des Finanzamts, der Kläger könne mangels GbR nicht im Namen der GbR klagen, ist merkwürdig: Das Finanzamt Erfurt selbst hat das Einspruchsverfahren auch nach Beendigung der GbR im Namen der GbR und im Namen beider Gesellschafter geführt. Mit Ausnahme eines Schreibens. Die abschließende Ablehnung des Einspruchs war nicht im Namen der Gesellschaft sondern nur im Namen eines Gesellschafters adressiert.

Der Rechtsanwalt, der für die Netzmacher die Klage führt, sagt dazu: Eine Verwaltung könne nicht ohne weiteres den Verfahrensbeteiligten wechseln. Im konkreten Fall würde sich sonst ja auch die Frage stellen, ob und wie das Finanzamt Erfurt das Einspruchsverfahren gegen den zweiten Gesellschafter beendet hat. Tatsächlich sei dem Finanzamt durch den Wechsel des Verfahrensbeteiligten von der Gesellschaft auf einen Gesellschafter ein Fehler unterlaufen. "Diesen Fehler verschweigt die Beklagte in ihrer Stellungnahme ans Gericht." sagt der Steuerrechtler.

Kläger Wildt: "Taktik jener, die glauben, vor Gericht zu verlieren"

Dass das Finanzamt Erfurt eine Gerichtsentscheidung in der Sache verhindern will, überrascht Wildt: "Das Finanzamt, die Landesfinanzdirektion und Thüringens Finanzminister Dr. Wolfgang Voß haben immer behauptet, es sei – wegen versäumter Fristen – rechtens, dass trotz Fehlers die zu unrecht erhobenen Steuern nicht zurückgezahlt werden bräuchten." Amt, Aufsicht und Minister sollten also der Überzeugung sein, das Finanzamt gewinnt die Klage vor Gericht. Eine Gerichtsentscheidung verhindern zu wollen, "ist aber immer die Taktik jener, die glauben, in der Sache vor Gericht zu verlieren", sagt Netzmacher Wildt.

Finanzminister hat Netzmachern "rechtsstaatliches Verfahren" versprochen

Der Versuch des Finanzamts, eine Gerichtsentscheidung in der Sache zu verhindern, steht zumindest indirekt in Widerspruch zu einem Versprechen von Finanzminister Dr. Wolfgang Voß, dass er in einem persönlichen Schreiben im Mai vergangenen Jahres Netzmacher Dirk Wildt gegeben hat. Der Minister schrieb, "Sie erhalten eine Einspruchsentscheidung, die den finanzgerichtlichen Rechtsweg eröffnet", und betonte dabei "vollständigen Rechtsschutz" und ein "rechtsstaatliches Verfahren".

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